In unserer modernen, hektischen Welt sehnen wir uns oft nach Momenten der Ruhe und Verbindung – nicht nur mit der Natur, sondern auch mit unseren tierischen Begleitern. Andererseits sind wir häufig verwundert, dass in uns ein Gefühl der Ruhelosigkeit ist und wir zu unserem Hund nicht den Zugang finden, welchen wir uns immer erträumen. Eine einfache, doch tiefgreifende Praxis, die sowohl unsere Gesundheit als auch die Beziehung zu unserem Hund stärkt, ist das tägliche, stille Sitzen im Wald für 30 Minuten. Diese Aktivität mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, doch sie birgt ein enormes Potenzial für unser Wohlbefinden und die Bindung zu unserem Hund. Sie knüpft zudem an das Wissen unserer naturverbundenen Vorfahren an, die in Familienverbünden in Wäldern lebten und die Kraft der Stille und Natur intuitiv nutzten.
Die Weisheit unserer Vorfahren: Leben im Einklang mit der Natur
Unsere frühen Vorfahren, die noch in enger Verbindung mit der Natur lebten, verstanden die Bedeutung des Waldes als Ort der Ruhe, Regeneration und Gemeinschaft. In Familienverbünden, die oft mit Tieren wie frühen domestizierten Wölfen zusammenlebten, war das gemeinsame Verweilen in der Natur ein integraler Bestandteil des Lebens. Diese Menschen wussten, dass der Wald nicht nur Nahrung und Schutz bot, sondern auch einen Raum für Kontemplation und Verbindung. Das stille Beobachten der Umgebung, das Gegenwärtig sein – in voller Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt sein – schärfte ihre Sinne und stärkte das Vertrauen in sich selbst aufbauend auf die Ruhe, welche in Körper und Geist einzog, einschließlich der Beziehung zu ihren tierischen Gefährten.
Heute können wir diese alte Weisheit wiederbeleben, indem wir bewusst Zeit mit unserem Hund in der Natur verbringen. Das stille Sitzen im Wald erlaubt es uns, in die Rolle unserer Vorfahren zu schlüpfen: weg von der Reizüberflutung der modernen Welt, hin zu einer tiefen, achtsamen Verbindung mit unserer Umgebung und unserem Hund.
Gesundheitliche Vorteile: Körper und Geist im Einklang
Die gesundheitlichen Vorteile des stillen Sitzens im Wald sind vielfältig und durch wissenschaftliche Erkenntnisse gut belegt. Der Wald selbst hat eine nachweislich beruhigende Wirkung auf den menschlichen Körper und Geist. Diese Effekte werden oft im Kontext der sogenannten Waldbaden-Forschung untersucht, einer Praxis, die ihren Ursprung in Japan (Shinrin-Yoku) hat.
Psychologische Vorteile
- Stressreduktion: Der Aufenthalt im Wald senkt nachweislich den Cortisolspiegel, das Stresshormon. Studien zeigen, dass schon 20–30 Minuten im Wald die Herzfrequenz und den Blutdruck senken sowie das parasympathische Nervensystem aktivieren, das für Entspannung zuständig ist.
- Verbesserung der mentalen Gesundheit: Die Natur wirkt sich positiv auf psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen aus. Studien konnten belegen, dass Menschen, die regelmäßig Zeit in der Natur verbringen, ein geringeres Risiko für psychische Erkrankungen haben.
- Achtsamkeit und Konzentration: Das bewusste, stille Sitzen fördert die Achtsamkeit. Indem wir uns auf die Geräusche, Gerüche und die Atmosphäre des Waldes einlassen, trainieren wir unsere Fähigkeit, im Moment zu verweilen, was die kognitive Leistungsfähigkeit steigert.
Physische Vorteile
- Stärkung des Immunsystems: Wälder geben sogenannte Phytonzide ab, ätherische Öle, die von Bäumen freigesetzt werden. Diese Stoffe stärken das Immunsystem, indem sie die Aktivität natürlicher Killerzellen fördern, die für die Bekämpfung von Krankheiten wichtig sind.
- Verbesserte Herzgesundheit: Die Kombination aus Ruhe, frischer Luft und niedrigem Stressniveau trägt zur Senkung des Blutdrucks und zur Verbesserung der Herzgesundheit bei.
- Förderung der Erholung: Der Wald bietet einen natürlichen Rückzugsort, der die Erholung von körperlicher und geistiger Erschöpfung beschleunigt. Dies ist besonders in unserer von Bildschirmen dominierten Welt wichtig.
Das Vorhandensein eines Hundes verstärkt diese Effekte. Hunde sind bekannt dafür, Stress zu lindern und das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu fördern. Das stille Sitzen mit dem Hund schafft eine symbiotische Beziehung, in der beide – Mensch und Tier – von der Ruhe und der Natur profitieren.
Bindungsförderung aus tierpsychologischer Sicht
Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist eine der ältesten und tiefsten Formen der Mensch-Tier-Bindung. Das tägliche, stille Sitzen im Wald stärkt diese Bindung auf eine einzigartige Weise, da es die natürlichen Instinkte und Bedürfnisse des Hundes anspricht.
Vertrauen und Sicherheit
Hunde sind Rudeltiere, die von Natur aus auf soziale Interaktion und Vertrauen angewiesen sind. Wenn du mit deinem Hund still im Wald sitzt, signalisierst du ihm, dass du ein verlässlicher Partner bist. Diese gemeinsame Ruhezeit stärkt das Vertrauen, da der Hund deine ruhige Präsenz als Zeichen von Sicherheit wahrnimmt. Laut einer Studie von Horowitz und Bekoff (2015) fördert gemeinsames, ruhiges Beisammensein die Ausschüttung von Oxytocin – dem „Kuschelhormon“ – sowohl beim Hund als auch beim Menschen, was die Bindung vertieft.
Förderung der Achtsamkeit des Hundes
Hunde sind von Natur aus neugierig und aufmerksam für ihre Umgebung. Im Wald können sie ihre Sinne auf eine natürliche Weise einsetzen: Sie lauschen den Geräuschen, riechen die vielfältigen Düfte und beobachten die Umgebung. Indem du deinem Hund erlaubst, diese Reize in Ruhe zu verarbeiten, ohne ihn zu lenken oder zu beschäftigen, förderst du seine mentale Ausgeglichenheit. Dies ist besonders für Hunde mit Angst oder Hyperaktivität hilfreich, da die ruhige Umgebung ihnen hilft, sich zu regulieren.
Gemeinsame Erfahrung ohne Leistungsdruck
Viele Aktivitäten mit Hunden, wie Spaziergänge oder Training, beinhalten Erwartungen oder Anforderungen. Das stille Sitzen hingegen ist frei von Leistungsdruck. Es erlaubt dem Hund, einfach „zu sein“, was die Beziehung auf eine tiefere, authentischere Ebene hebt. Diese gemeinsame Erfahrung stärkt das Gefühl der Zusammengehörigkeit und fördert ein harmonisches Miteinander.
Praktische Tipps für das stille Sitzen im Wald
- Finde einen ruhigen Ort: Wähle einen Platz im Wald, der abseits von stark frequentierten Wegen liegt, um Ablenkungen zu minimieren.
- Beginne mit kurzen Einheiten: Wenn dein Hund unruhig ist, starte mit 5–10 Minuten und steigere die Zeit allmählich.
- Bleibe achtsam: Konzentriere dich auf deine Atmung und die Geräusche der Natur, um selbst in die Ruhe zu kommen. Dein Hund wird deine Gelassenheit spüren.
- Lass deinen Hund erkunden: Störe Deinen Hund nicht, wenn er mit allen Sinnesorganen seine Umwelt erfährt und dadurch Gelassenheit durch Erkenntnis bekommt.
- Regelmäßigkeit ist der Schlüssel: Tägliches Sitzen verstärkt die positiven Effekte für dich und deinen Hund.
Fazit
Das tägliche, stille Sitzen im Wald mit deinem Hund ist mehr als nur eine Pause vom Alltag – es ist eine Rückbesinnung auf die Weisheit unserer Vorfahren, die in enger Verbindung mit der Natur lebten. Es fördert die körperliche und psychische Gesundheit durch Stressreduktion, Stärkung des Immunsystems und Verbesserung der mentalen Klarheit. Gleichzeitig vertieft es die Bindung zu deinem Hund, indem es Vertrauen, Achtsamkeit und eine gemeinsame, druckfreie Erfahrung schafft. In einer Welt, die immer lauter und schneller wird, ist diese einfache Praxis ein Geschenk an dich und deinen Hund – eine halbe Stunde, die euch beide näher zur Natur und zueinander bringt.
Gern können wir die ersten Schritte gemeinsam gehen um das Wissen und die Praxis zu diesem wichtigen Thema zu vertiefen.
Manuela und Jörg Ulbricht